Frau sitzt mit verzweifeltem Gesichtsausdruck am Boden in Wohnraum.

Jemand in meinem Umfeld äußert Suizidgedanken – wie kann ich damit umgehen?

Die Pandemie, der Ukraine-Krieg und die Inflation erzeugen eine allgemeine Krisenstimmung, die viele Menschen bedrückt. Ist jemand darüber hinaus von einem persönlichen Unglück betroffen, kann die Belastung so groß werden, dass die bisherigen individuell erprobten Bewältigungsstrategien zumindest im Moment nicht mehr ausreichen.

Gefühle von Angst, Überforderung und Hilflosigkeit kommen auf. Das kann für die Betroffenen so bedrohlich werden, dass sogar der Gedanke entsteht, Suizid wäre ein Ausweg.

Manchmal bleibt es nur ein Gedanke, der rasch wieder verworfen wird. Manchmal, wenn die Probleme einen Menschen sehr stark einengen, wird dieser Gedanke aber auch konkreter und er oder sie beginnt das Für und Wider abzuwägen. In den allermeisten Fällen geben die Betroffenen dann Hinweise, machen Andeutungen oder sprechen ihre Überlegungen und Absichten sogar offen aus.

Arin Sharif-Nassab erklärt: „Es ist wichtig, sobald man Andeutungen in Richtung Suizid wahrnimmt, mit der Person zu sprechen. Fragen Sie, wie ernst es ihr oder ihm damit ist, sprechen Sie über die dahinterliegenden Ängste und Probleme“, empfiehlt der Experte. Die manchmal vorgebrachte Befürchtung, man könnte einen betroffenen Menschen mit dieser Frage zu nahe treten oder in ihm den Gedanken erst aufbringen, ist unbegründet. Im Gegenteil, mit jemandem über die innere Verzweiflung und die anwesenden Suizidgedanken zu reden, ist so gut wie immer eine große Entlastung. Wichtig sei auch, auf eine Person zuzugehen, wenn man merkt, dass sie sich aus dem Sozialleben komplett zurückzieht. „Verbalisieren Sie, was Sie wahrnehmen. Bieten Sie ein Gespräch an.“

Merkt man, dass die Suizidgedanken sehr ernst sind ist spätestens an dieser Stelle als nächster Schritt ein Gespräch mit einer professionellen Fachkraft zu empfehlen, zum Beispiel im Kriseninterventionszentrum, wo psychotherapeutische und medizinische Unterstützung bereit stehen. Die Erfahrung zeigt, dass sich Krisen auf diese Weise gut bewältigen lassen, dass Suizidgedanken wieder verschwinden und das Leben eine positive Wendung nehmen kann.

Sollten Sie oder Ihre Angehörige Suizidgedanken haben, können Sie sich einen kostenfreien Termin in einer der zahlreichen österreichischen Familienberatungsstellen ausmachen. Neben unserem Interviewpartner aus dem Kriseninterventionszentrum Wien, finden Sie auf der Webseite oesterreich.gv.at eine Auflistung von Hotlines und Anlaufstellen, die Sie bei einer akuten psychischen Krise unterstützen können.

Unser Interviewpartner

Mag. Arin Sharif-Nassab ist Klinischer- und Gesundheitspsychologe, sowie Psychoanalytiker. Er berät im Kriseninterventionszentrum in Wien

Kriseninterventionszentrum
Lazarettgasse 14A
1090 Wien
Webseite des Kriseninterventionszentrums

Das Interview wurde im August 2022 geführt.

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