Frau mit wütendem Gesicht schaut auf das Mobiltelefon

Wie man lernen kann, Wutausbrüche zu kontrollieren

In der Hitze des Augenblicks kann Ärger schnell hochkochen und sich in lautem Schreien oder aggressivem Verhalten äußern. Der individuelle Umgang mit solchen akuten, negativen Gefühlen hängt von der jeweiligen Persönlichkeit, von Erfahrungen in der Erziehung und der sozialen Umwelt ab.

Grundsätzlich kann jeder Mensch lernen, seine Wut unter Kontrolle zu bringen. Es gibt hilfreiche Methoden, um den negativen Kreislauf von Wutausbrüchen zu regulieren.

Martina Hubner sieht sich in ihrer Arbeit mit Familien und Paaren häufig mit diesem Thema konfrontiert: „Bis zu einem gewissen Alter können Kinder Wutgefühle gar nicht herunterregulieren. Die Erwachsenen müssen dem Kind Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und vorleben, wie man ruhig und in angemessener Weise reagiert. Emotionsregulation ist etwas, das man lernen muss. Erwachsene können grundsätzlich nicht verhindern, dass sie mitunter Ärger und Wut empfinden. Irgendein Auslöser von außen führt unter Umständen dazu, dass man sich provoziert oder frustriert fühlt.“

Ein unangenehmes Ereignis kann eine Kette von individuell sehr unterschiedlichen Gedanken, Gefühlen, Verhaltensweisen und körperlichen Empfindungen auslösen. „Noch bevor es zu einem Wutausbruch und zu diversen Verhaltensreaktionen, wie etwa zu hektischen Bewegungen, zu impulsiven Durchbrüchen, zu Schreien und zum Türenschlagen kommt, treten physiologische Veränderungen auf. Schweißausbrüche, erhöhte Herzfrequenz, erhöhte Muskelanspannung, Veränderungen in der Mimik, im Atemmuster und in der Stimme deuten auf einen hoch angespannten Zustand hin“, erklärt die Psychologin. Diese Frühwarnsymptome können sowohl von den Betroffenen selbst als auch vom sozialen Umfeld registriert werden.

Daraus ergibt sich eine Chance, den unangenehmen Kreislauf zu unterbrechen. Sobald physiologische Anzeichen einer Hochspannung bemerkt werden, empfiehlt es sich, bewusst innezuhalten und dem Gefühl beobachtend und akzeptierend Raum zu geben: Ja, da ist der Gedanke, dass… Ja, da ist ein Gefühl von Ärger und Wut. Ja, da ist ein Druckgefühl in der Brust.

Entscheidend ist in dieser Situation eine allgemeine Verlangsamung sowie die bewusste Lenkung der Aufmerksamkeit. Besonders effektiv ist, sich auf ein vertieftes Ausatmen und die fünf Sinne zu konzentrieren. Es wirkt beruhigend, bewusst den Boden unter den Füßen zu spüren, Geräusche wahrzunehmen, die Farben oder Gegenstände in einem Raum zu betrachten. Zudem kann die Kraft der Imagination zur Beruhigung beitragen: beispielsweise die Vorstellung von einem sicheren Ort, an dem man sich geborgen fühlt. „Verstärken Sie die Wut gedanklich nicht weiter, versuchen Sie die Bewertung der Situation zu verändern, welche den unangenehmen Zustand ausgelöst hat“, so Hubner.

Die körperliche Anspannung muss reduziert werden, denn die körperlichen Signale wirken ihrerseits auf die Wut ein und verstärken diese. Wer Sport betreibt, baut normalerweise Spannung rascher ab. Spezielle Körperübungen, wie etwa das Schütteln des ganzen Körpers, können körperliche Stresssignale, beispielsweise Zittern und schneller Herzschlag, abschwächen oder beseitigen.

In einem nächsten Schritt ist es wichtig, sich klar zu werden, wer oder was die heftige Emotion ausgelöst hat. Man sollte sich fragen: Was genau macht mich ärgerlich? Was stört mich eigentlich? Wut kann grundsätzlich ein Helfer sein, sich selbst besser zu verstehen.

Wenn Sie mit einer Fachperson über Ihre Emotionen und Möglichkeiten der Emotionsregulation sprechen möchten, können Sie sich gerne an eine der zahlreichen österreichischen Familienberatungsstellen wenden.

Unsere Interviewpartnerin

Mag.a Dr.in Martina Hubner ist Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin und arbeitet im Team der Familienberatung des Instituts für Sozialdienste in Bregenz, Vorarlberg.

ifs - Institut für Sozialdienste 
St.-Anna-Straße 2
6900 Bregenz
Webseite Familienberatungsstelle ifs 

Das Interview wurde im Mai 2023 geführt. 

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