Väterbeteiligung: Ich fühle mich von meinem Arbeitsumfeld nicht verstanden
Wenn es um den Wunsch nach längeren Karenzzeiten geht, stoßen werdende Väter auf Unverständnis im Unternehmen. Lange Karenzzeiten sind bei Männern im Gegensatz zu Frauen nach wie vor seltene Ausnahmen. „Auch innerhalb der Familie sprechen handfeste Gründe, wie das zumeist höhere Einkommen der Männer und die deutlicher ausgeprägte Kompetenz in der Haushaltsführung und der Versorgung der Kinder insbesondere in den ersten Lebensmonaten, für die überwiegende Betreuung der Kinder durch die Mutter“, so Mathias Geitzenauer.
Aber genau diese familieninternen Gründe seien es auch, die für ein verstärktes Engagement der Väter in der Elternarbeit sprechen würden: „Frauen bezahlen diese relative Selbstverständlichkeit, mit der ihnen die lange Karenzzeit und die beruflichen Einschränkungen für die Kinderversorgung zugestanden wird, mit einem deutlichen Karriereknick und mit dem bekannten Gender-Pay-Gap.“
Die meisten Männer hätten die Einstellung, sollten sie einmal früher nach Hause kommen, ja auch am Wochenende arbeiten zu können. So eine Grundhaltung würde oft mit einem hohen Preis bezahlt – nämlich mit dem Gelingen der familiären Beziehungen.
Würden Männer im ersten Lebensmonat viel Zeit mit ihren neugeborenen Kindern verbringen, verändere das ihren Hormonhaushalt und stärke die sogenannten mütterlichen Fähigkeiten. Geitzenauer: „Das Bindungsverhalten der Männer ändert sich und sie haben die Chance, sich selbst als ganz andere Menschen kennenzulernen.“ Und sie hätten auch die Chance auf eine Beziehung, die sie selbst das ganze Leben lang prägen wird: Die Beziehung zu ihren Kindern. Dafür müssten sie aber etwas tun. Denn Beziehung entstünde nicht von selbst. Die Beziehung eines Vaters zu seinem Kind würde ganz besonders dadurch gestärkt, dass er da ist, wenn in den ersten Lebensmonaten der Bauch des Babys schmerzt und die Mutter Ruhe braucht – zum Ausruhen oder für ihre Arbeit.
Ob der Lohn der Beziehung den Preis der Karriere und des Einkommensverlustes auch für Väter aufwiegt, möge jeder für sich selbst beurteilen. „Am Rande sei noch erwähnt, es kein besseres Soft-Skills-Training für Führungskräfte gäbe als die intensive Zeit mit den eigenen Kindern!“, so der Berater. Dies könne wiederum ein gutes Argument gegenüber den Kolleg/innen sein.
Wenn Sie das Bedürfnis haben, mit einer Expertin oder einem Experten über das Thema Väterbeteiligung zu sprechen, so haben Sie die Möglichkeit, bei einer österreichischen Familienberatungsstelle kostenfrei einen Termin zu vereinbaren.
Unser Interviewpartner
DSA Mathias Geitzenauer, MBA ist diplomierter Sozialarbeiter und absolvierte darüber hinaus ein Masterstudium in Sozialmanagement. Er ist Berater, Coach, Mediator und Leiter der Kolping Lebensberatung, Wien.
Kolping Österreich
Paulanergasse 11
1040 Wien
Webseite Familienberatungsstelle Kolping Österreich
Das Interview wurde im März 2022 geführt.