Jugendliche schaut besorgt in ihr Handy.

Wie erkläre ich meinen Kindern Krieg?

Isabella Kainersdorfer weiß aus ihren Beratungsgesprächen, dass in vielen Familien und auch unter Freund/innen der Ukraine Krieg ein Tabu-Thema ist.

„Manche Menschen haben diffuse, aber auch konkrete Ängste. Etwa, dass sich der Krieg ausweiten oder, dass es einen Atomkrieg in Europa geben könnte. Diese Ängste sind teilweise so groß, dass sie im Alltag weggeschoben werden.“ Bevor ein Gespräch mit den Kindern geführt werden kann müssen Eltern die Eindrücke und damit verbundenen Gefühle vorerst selbst verarbeiten. Der Schritt, in Krisensituationen für sich selbst abzuklären, wie man damit umgehen kann, ist wichtig und richtig.

Auf die Frage, ob man Kindern proaktiv etwas rund um den Krieg erklären sollte, antwortet die Expertin: „Es kommt auf das Alter an und welche Reaktionen die Kinder zeigen. Unter 5 Jahren etwa können Kinder mit dem Sterben, dem Tod oder getötet werden noch nicht viel bzw. gar nichts anfangen. Die Endgültigkeit ist ihnen so noch nicht bewusst.“ Grundsätzlich kann man Kindern aber alle Themen zumuten, da vieles im Unterbewusstsein verankert ist. Eltern können auch annehmen, dass das Thema Krieg im Gespräch mit anderen Kindern aufkommt. Es sei daher wichtig aufmerksam gegenüber den eigenen Kindern zu sein. 
„Spüren Sie hinein, schauen Sie, wie es Ihrem Kind geht. Ist ihr Kind irgendwie beunruhigt? Zieht es sich zurück? Dann spricht man das Thema an.“ Man kann zu Beispiel sagen: „Mich macht der Krieg betroffen. Wie geht es dir und deinen Freund/innen damit?“ Wenn man allerdings das Gefühl hat, die Kinder sind unberührt davon, kann es sogar kontraproduktiv sein und Angst machen, wenn man den Krieg zu sehr zum Thema macht.

Laut der Expertin hat man als Eltern eine Begleitfunktion und muss deshalb auch Ängste und Traurigkeit zulassen können.
Sollten die Ängste der Kinder zu groß werden, kann man sich Unterstützung suchen: „Es gibt auf diversen Kanälen und in Tageszeitungen kindgerechte Aufarbeitungen des Themas – Sie müssen das nicht ganz allein machen. Ein Beispiel ist ein Video des Zoom-Kindermuseums zur aktuellen Lage in der Ukraine.“ Wichtig ist jedoch den diesbezüglichen Medienkonsum einzuschränken, da allzu oft drastische Bilder gezeigt werden.
Man kann jedoch auch Kinder dazu motivieren bei Hilfsaktionen mitzumachen, die den Kindern ein gutes Gefühl geben, etwa beim Basteln von Friedenstauben. Man kann auch mit den Kindern sprechen, ob man gemeinsam aktiv eine der diversen Hilfsaktionen unterstützen möchte. Das kann stabilisierend wirken und das Gefühl der eigenen Hilflosigkeit ein wenig mildern, aber auch Ängste nehmen.

Wenn Sie für die Gespräche mit Ihren Kindern Hilfe suchen wenden Sie sich gerne kostenfrei an eine der österreichischen Familienberatungsstellen und vereinbaren Sie einen Beratungstermin.

Unsere Interviewpartnerin

Isabella Kainersdorfer, MA ist Pädagogin und Beraterin der Familienberatungsstellen der Gesellschaft für ganzheitliche Förderung und Therapie in Niederösterreich.

Gesellschaft für ganzheitliche Förderung und Therapie Niederösterreich GmbH (gfgf)
Hamerlingstraße 20
3910 Zwettl
Webseite der Familienberatungsstelle gfgf  

Das Interview wurde im April 2022 geführt.

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